Eine neue Umfrage der Ärztekammer zeigt dramatische Entwicklungen. Seit 2016 wird das „Gesundheitsbarometer“ durchgeführt, noch nie war die Stimmung so schlecht.
Österreichs Patient:innen sehen das Gesundheitswesen immer stärker auf dem falschen Weg. Laut einer am Dienstag präsentierten Umfrage mit einem „Gesundheitsbarometer“ im Auftrag der Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien bemängeln mehr als zwei Drittel der Befragten eine Entwicklung in die falsche Richtung. Auf der Schulnotenskala vergeben sie die Note 2,8. Die im September durchgeführte Umfrage von „Public Opinion Strategies2 (1.000 Befragte, Zielgruppe: Österreichische Wohnbevölkerung ab 16, maximale Schwankungsbreite +/- 3,1 Prozentpunkte) weist dem Gesundheitssystem in der Patienteneinschätzung einen absoluten Negativwert aus: 70 Prozent sehen es auf dem Weg in die falsche Richtung, nur 22 Prozent in die richtige. Seit 2016 werden diese Umfragen durchgeführt, noch nie war die Einschätzung so schlecht, erklärte Meinungsforscher Peter Hajek.
Er betonte auch, dass die Corona-Pandemie nicht der Auslöser, aber der „Brandbeschleuniger“ dieser Entwicklung gewesen sei. Vor allem jene, die das Gesundheitssystem während der Pandemie an der Grenze wahrgenommen hätten, kämen nun zu dieser negativen Einschätzung. Wenig überraschend reihen die Patient:innen deshalb die Gesundheit (mit 65 Prozent; im Dezember 2022 noch bei 56 Prozent) auch generell ganz nach oben bei jenen Bereichen, in die der Staat mehr Geld investieren sollte; und das noch vor Sozialem, Pflege, Bildung oder Klima- und Umweltschutz.
Unter jenen, die im vergangenen halben Jahr bei einem Arzt oder einer Ärztin waren, nahmen 47 Prozent (vermehrt höher gebildete und Frauen) Wahlärzt:innen in Anspruch. 54 Prozent würden das auch dann tun, wenn es die Rückerstattung durch die Krankenversicherungsträger nicht mehr gäbe. Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart sprach in der Pressekonferenz von einer seit Jahren bestehenden Abwärtsspirale des österreichischen öffentlichen Gesundheitssystems und sah einen Weckruf an die Politik. Wohnortnähe, rasche Termine und mehr Zeit für die Versorgung hätten für die Bevölkerung Priorität, sagte er. Entsprechend brauche es mehr Kassenstellen und bessere Rahmenbedingungen für die freiberufliche Versorgung, damit die Ärzt:innen diese Stellen auch annähmen. Vizepräsidentin Naghme Kamaleyan-Schmied forderte von der Politik „Weitsicht statt Rotstift“. (red/APA)