Mehr als 1000 Fälle von Hepatitis bei Kindern sorgten in den vergangenen Monaten für Aufregung. Nun wollen Forscher:innen das Rätsel gelöst haben.
Ein bisher für harmlos gehaltenes Adenovirus dürfte hinter den bisher mysteriösen akuten Hepatitiserkrankungen stecken, die in den vergangenen Monaten bei weltweit rund 1.000 Kindern beobachtet wurden. Mittlerweile sind weltweit bereits 1.010 solcher Fälle aus 35 Staaten gemeldet worden. Es gab auch einige Todesfälle. In mehreren Fällen wurden auch Lebertransplantationen notwendig. Nun haben zwei Wissenschafterteams der Universität Glasgow und vom University College in London eine noch nicht von unabhängigen Experten überprüfte Studie auf dem MedRxiv-Server publiziert.
Emma Thomson vom Zentrum für Virusforschung in Glasgow und Sofia Morfopoulou (Institut für Kindergesundheit/University College/London) haben Blut- und Gewebeproben von insgesamt 25 Kindern mit dieser Hepatitis untersucht. Dabei sequenzierten sie die DNA aller in den Proben gefundenen Gene und überprüften, ob sie von Viren stammen könnten. Dadurch stießen sie auf das sogenannte „adeono-assoziierte Virus 2“, eben AAV2.
Das kleine DNA-Virus AAV2 mit einem nur 4.675 „Buchstaben“ umfassenden Genom gehört zu den sogenannten Dependoparvoviren. Sie brauchen für ihre Vermehrung die Hilfe von anderen Viren, zum Beispiel von HAdV oder von einer Herpesvirusart (HHV-6B). Die „Helfer“ vermitteln AAV2 die Möglichkeit, Leberzellen zu infizieren. Auch wenn die Erreger bisher nicht im Elektronenmikroskop sichtbar gemacht werden konnten und ein experimenteller Beweis einer Übertragung aussteht, sprechen offenbar einige Indizien dafür, dass AAV2 der Auslöser für die Erkrankungen ist. Die Wissenschafter:innen belegten nämlich bei neun Kindern Doppelinfektionen von AAV2 und dem Herpes-Virus bzw. HAdV.
Das bereits 1965 entdeckte AAV2 ist weit verbreitet. Bei etwa 80 Prozent aller Erwachsenen lässt sich ein früherer Kontakt mit dem Virus nachweisen. Die Infektion erfolgt zumeist im frühen Kindesalter. Zu Leberentzündungen kommt es extrem selten. Warum die Problematik mit AAV2 und den bisher mysteriösen Leberentzündungen bei Kindern jetzt akut geworden ist, konnte noch nicht ganz geklärt werden. Die britischen Wissenschafter:innen vermuten, dass sich mit der Covid-19-Pandemie normalerweise jahreszeitlich getrennte vermehrt auftretende Infektionen mit AAV2 bzw. seinen „Helfern“ verschoben und überlappt haben. Dadurch gab es mehr der problematischen Erkrankungen. (APA)
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