Die Vogelgrippe hat sich in den USA auch auf Säugetiere ausgebreitet. Expert:innen warnen nun vor möglichen Impfstoff-Engpässen im Falle einer Pandemie.
In den USA sorgte die Übertragung des Influenza-A-Virus H5N1– besser bekannt als Vogelgrippe – von Vögeln auf Kühe für Beunruhigung. Nachdem Virus-Erbsubstanz in der Milch von Kühen in acht US-Staaten gefunden wurde, mahnte nun auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu erhöhter Aufmerksamkeit bezüglich möglicher Infektionen bei Tier und Mensch. Im Falle einer neuen Pandemie wären bei beschränkten Impfstoff-Produktionskapazitäten mit einem Schlag 16 Milliarden Impfdosen erforderlich. „Die derzeit weltweit vorhandenen Produktionskapazitäten reichen nicht annähernd an das heran, was man für die Impfung der Weltbevölkerung im ersten Jahr einer Pandemie benötigen würde. Schließlich basiert die Produktion von Influenzavakzinen noch immer zum Teil (nicht gänzlich) auf Material von infizierten Hühnereiern. Der Produktionszyklus benötigt Monate“, teilte der US-Pharmainformationsdienst Stat mit.
Beim Entstehen einer A(H5N1)-Vogelgrippe-Pandemie wäre die immunologische Situation der Menschheit ähnlich jener beim Aufkommen von Sars-Cov-2: Sie wäre mit einem für das körpereigene Abwehrsystem völlig neuen Krankheitserreger konfrontiert. Die 16 Milliarden benötigten Impfdosen ergeben sich aus zwei Impfungen pro Person, die notwendig wären, um einen Schutz aufzubauen. Dass die Produktion von Covid-19-Impfstoffen während der Coronapandemie so schnell ging, hilft in diesem Fall auch nicht: „Bei den Influenzavakzinen haben wir es mit einem gänzlich anderen Produktionszyklus zu tun, als wir ihn für Covid-19 entwickelt hatten. Und dieses System kann man nicht einfach für die Influenza adaptieren“, erklärte der Geschäftsführer der CEPI-Initiative (Coalition for Epidemic Preparedness Innovations), Richart Hatchett. Derzeit gibt es weltweit nur sieben Pharmaunternehmen, die Influenzavakzine produzieren, weitere Unternehmen wie Pfizer und Moderna forschen aber bereits an mRNA-Impfstoffen gegen alle Arten von Influenza.
Eine aktuelle Studie mit österreichischer Beteiligung zeigt allerdings, dass das Risiko für eine H5N1-Tier-Mensch-Übertragung selbst in Städten noch gering ist. Das Forschungsteam rund um Christine Marizzi und Florian Krammer konnten nachweisen, dass das Virus in der Tierpopulation New York Citys bereits verbreitet ist, auf einen Menschen wurde es trotz der dichten Besiedelung bisher aber nicht übertragen. Aufgrund von gewissen Übereinstimmungen mit Grippeviren, die in den vergangenen Jahren stark kursierten, könnten viele Menschen vielleicht Resistenzen gegenüber der dort kursierenden Virusgruppe „H5N1 clade 2.3.4.4b“ haben, meinen die Wissenschaftler:innen. Für die Forscher:innen ist klar, dass es in Ballungszentren Virus-Monitoring brauche. In der Arbeit zeige man auch, wie die Bevölkerung in solche Initiativen eingebunden werden kann, ohne dass sie einem erhöhten Erkrankungsrisiko ausgesetzt ist, und dass es sinnvoll sei, verschiedene Einrichtungen, wie Wildtier-Auffangstellen einzubinden. (kagr/APA)