In Wien sollen Spitalsärzt:innen künftig keine Privatordination mehr führen dürfen. Die Ärztekammer, aber auch die Gewerkschaft reagieren erbost auf die Vorstöße aus der SPÖ.
Eine Ankündigung eines Wahlarztverbotes für Wiener Spitalsärzt:innen durch Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) sorgt am Wochenende für heftige Irritationen im Gesundheitswesen. Hacker will Privatordinationen von Spitalsärzt:innen mit Jahreswechsel abdrehen. „Wer Teilzeit im öffentlichen Gesundheitssystem arbeitet, der ist diesem System verpflichtet. Man kann 20 Stunden im Spital arbeiten und 20 Stunden in einem Primärversorgungszentrum. Aber zehn Stunden im öffentlichen Spital und den Rest in der Privatordination, das wird es in Zukunft nicht mehr geben“, richtete Hacker in einem Interview mit der „Kronen Zeitung“ den Ärzt:innen aus.
Zustimmung bekommt Hacker wenig überraschend vom roten ÖGK-Arbeitnehmer:innen-Obmann Andreas Huss: „Damit bringt Hacker einen wichtigen Vorschlag ein, der vor allem die beiden zentralen Aufgaben von Spitälern in den Fokus rückt. Denn neben der Patientenversorgung sind die Spitäler auch für die Ärzteausbildung zuständig. Diese würde zum Erliegen kommen, wenn sich mehr und mehr Ärztinnen und Ärzte in die Teilzeitarbeit beziehungsweise in die Privatpraxis verabschieden.“ Natürlich wäre so eine Änderung nur dann sinnvoll, wenn das für alle Fondsspitäler in ganz Österreich gelten würde. Andernfalls würden Ärzt:innen in andere Bundesländer abwandern. Derzeit arbeiten rund 5.000 der 11.000 Wahlärzt:innen sowohl im Spital als auch in der Praxis.
Für die Wiener Ärztekammer sind die Forderungen völlig inakzeptabel: „Der Vorschlag des Stadtrates ist reine Showpolitik auf dem Rücken der Wienerinnen und Wiener. Eine erzwungene Einschränkung der Berufsfreiheit wird noch mehr Ärztinnen und Ärzte für immer von den Spitälern wegtreiben. Viele werden ihren Job im Krankenhaus aufgeben. Das wird die Situation in unseren Gesundheitseinrichtungen nochmals massiv verschärfen“, sagt Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen und der Wiener Ärztekammer. Er appelliert an den Gesundheitsstadtrat, rasch in Gespräche zu treten: „Überdenken Sie Ihren überhasteten und unüberlegten Vorstoß, Herr Stadtrat.“ Es brauche jetzt Wege und Konzepte, die das solidarische Gesundheitssystem langfristig absichern und die Arbeitsbedingungen der Ärz:tinnen verbessern. Wir stehen mit konstruktiven Vorschlägen zu raschen Verhandlungen bereit“, betont Steinhart.
Überrascht zeigten sich auch die Gewerkschaftsvertreter:innen. Christian Meidlinger, Vorsitzender der younion, und Edgar Martin, Vorsitzender des „Team Gesundheit“ (Hauptgruppe II) in der younion, stellten klar, dass es dazu noch keine Verhandlungen gegeben habe. Natürlich müsse eine derartige Änderung wie in Österreich immer üblich unter den Sozialpartnern verhandelt werden. „Darüber wird erst im Sommer gesprochen, so wie es der Fahrplan für die Verhandlungen über das zweite Personalpaket vorsieht“, betonten beide unisono. Martin: „Wir halten wenig davon, sich Verhandlungspositionen vorab über die Medien auszurichten.“
„Es ist unerträglich, mit welchen populistischen Maßnahmen Stadtrat Hacker das ohnehin angespannte Wiener Gesundheitssystem reformieren möchte“, reagiert die Gesundheitssprecherin der Wiener Volkspartei, Ingrid Korosec, in einer Aussendung. Statt die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen nicht nur anzukündigen, sondern auch wirklich umzusetzen, greife Hacker zu Verboten. „Es ist erschreckend, dass Hacker die Konsequenzen seiner Entscheidungen offenbar nicht überblickt“, erklärte Wolfgang Seidl, Gesundheitssprecher der FPÖ Wien. (rüm)