Warnungen vor Empfehlungen zu falschen Covid-19-Medikamenten

© Bernhard Noll / ÖÄK

Ärztekammer und Pharmakologen warnen vor „gefährlichen Falschinformationen“ über die Behandlung von Corona-Infektionen mit Medikamenten. ÖÄK-Präsident Szekeres kritisiert Empfehlungen von FPÖ-Chef Kickl.

„Mit großer Betroffenheit und Sorge haben wir aus den Medien falsche Aussagen zur medikamentösen Behandlung von Covid-19 als mögliche Alternative zur Schutzimpfung verfolgt“, heißt es in einer Stellungnahme Österreichische Pharmakologische Gesellschaft APHAR. Deren Vorsitzender Thomas Griesbacher, Facharzt für Pharmakologie und Toxikologie, und weitere Mediziner wie Markus Zeitlinger betonen, dass „ausschließlich erfahrene Fachleute“ Empfehlungen zur Behandlung einer Coronavirus-Infektion abgeben sollten. Die medikamentöse Behandlung sei trotz intensiver Forschung „nach wie vor schwierig“. Besondere Bedeutung habe daher „die Vorbeugung durch Impfung, Schutzmaßnahmen wie Masken und Abstandhalten und durch Hygienemaßnahmen oder Kontaktreduktion“.

Kritisiert wurde, dass unter Berufung auf Erkenntnisse von „zahlreichen Experten“ behauptet wird, die Erkrankung könne mit „handelsüblichen Medikamenten“ wie Paracetamol, Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen, oder gar mit Vitaminen (Vitamin C, Vitamin D) wirksam behandelt werden, schreibt die APHAR. Welche „Expertinnen oder Experten“ hinter diesen Aussagen stünden, wurde an keiner Stelle erwähnt, ebenso wenig Daten, welche diese Aussagen belegen. „Als Fachleute auf dem Gebiet der Arzneimittelbehandlung aus Wissenschaft und Praxis stellen wir klar, dass es sich dabei um Falschinformationen handelt, die Menschenleben gefährden können“, wird in dem Statement festgehalten. Die erwähnten Schmerzmittel könnten in leichteren Fällen Krankheitserscheinungen wie Fieber und Schmerzen lindern. Es gebe jedoch, keine Hinweise dafür, dass sie die Infektion hemmen oder gar vor einem schweren oder tödlichen Verlauf der Erkrankung schützen könnten. „Auch hoch dosierte Vitamine können das nicht“, wird betont. Kritik übte auch Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres einmal mehr an „Fake News“ rund um die Impfung und am Agieren der FPÖ in diesem Zusammenhang. „Leider gibt es einige, die dem Herrn Kickl mehr vertrauen als ihrem Hausarzt“, sagte Szekeres: „Vertrauen Sie ihrem Arzt und nicht dem Internet.“

Das in impfskeptischen Kreisen als Mittel gegen Corona beworbene Anti-Wurm-Mittel Ivermectin, das auch FPÖ-Chef Herbert Kickl propagiert, ist indes in Oberösterreich offenbar sehr gefragt: „Ivermectin ist immer wieder ausverkauft und das obwohl es rezeptpflichtig ist“, sagte Thomas Veitschegger, Präsident der Oberösterreichischen Apothekerkammer, den „Oö. Nachrichten“. Experten und auch der Hersteller warnen allerdings: Bei einer Überdosierung könne Ivermectin toxisch wirken. Veitschegger kritisiert indirekt auch die Ärzteschaft: „Da braucht es erst einmal einen Mediziner, der dieses Medikament zur Vorbeugung und Behandlung von Würmern auch verschreibt.“ Er warnte zudem vor der nicht sachgerechten Einnahme des Präparats: „Viele Leute nehmen das Medikament völlig falsch ein. Sie nehmen die weitaus höhere Dosis, die eigentlich für Pferde gedacht ist“, berichtete er: „Es gab schon Vergiftungen“.

Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) hat wie berichtet bereits im März vor dem Einsatz von Ivermectin gegen Corona gewarnt, auch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) riet davon außerhalb klinischer Studien ab. Der oberösterreichische Ärztekammerpräsident Peter Niedermoser sagte auf APA-Anfrage, er habe keinerlei Hinweise, dass Ärzte das Präparat leichtfertig verschreiben würden. Ihm liegen auch keine Rückmeldungen der Mitglieder vor, dass es vermehrt von den Patienten angefordert werde. Aber „wenn das in einer Menge verschrieben wird, wie das früher noch nie war, ist das sicherlich auffällig“, räumte er ein. (rüm/APA)