Was die Ärztekammer vom neuen Regierungsprogramm hält 

© ÖÄK/Katharina Fröschl-Roßboth

Die Österreichische Ärztekammer begrüßt Teile des neuen Regierungsprogramms, weist jedoch bei einigen Punkten auf notwendige Konkretisierungen und Strukturreformen hin. 

„Es ist erfreulich, dass das Gesundheitsprogramm der neuen Regierung viele Schwachstellen in der österreichischen Gesundheitsversorgung klar benennt und Verbesserungen und Lösungen in Aussicht stellt“, sagte Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), im Rahmen einer Pressekonferenz am Donnerstag. Besonders positiv bewertet er den geplanten Ausbau der Primärversorgung und multidisziplinärer Facharzt-Zentren. Auch die Passagen zum Fördern von Prävention und Gesundheitskompetenz, zum Ausbau von Impfprogrammen, zur Versorgungssicherheit bei Arzneimitteln und der gezielten Anwerbung von Pflegekräften sprächen echte Versorgungsprobleme an. Die Teilzeit-Kassenverträge für Wahlärzt:innen seien ebenso vielversprechend. All dies ist laut Steinhart insofern wichtig, da die Versorgungsdefizite im österreichischen Gesundheitssystem, wie der Mangel an Kassenärzt:innen und die Personalknappheit in Spitälern, durch das prognostizierte Budgetdefizit weiter verschärft werden.

Harald Mayer, Vizepräsident der Ärztekammer, sieht vor allem die geplante verbindliche Patient:innenlenkung im Regierungsprogramm als notwendig und richtig. Er betonte, dass eine einheitliche, österreichweite Lenkung der Patient:innenströme dringend notwendig sei, um Spitalsambulanzen zu entlasten und Ressourcen zu gewinnen. Ein erfolgreiches Beispiel sei hier die Praxis in den Niederlanden, wo Patient:innen nur mit Überweisung ins Krankenhaus kommen. Mayer sieht in der verbindlichen Patient:innenlenkung auch ein Mittel, unnötige Kosten im Gesundheitssystem zu reduzieren. Für seine Kollegin Naghme Kamaleyan-Schmied, Obmann-Stellvertreterin der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzt:innen, ist die Finanzierung der Knackpunkt. „Das prognostizierte Defizit der Österreichischen Gesundheitskasse macht den Patient:innen Sorge und sorgt für Unsicherheit unter den Kolleg:innen“, mahnte Naghme Kamaleyan-Schmied, Vizepräsidentin und Kurienobfrau des niedergelassenen Bereichs der Wiener Standesvertretung. Wie das Gesundheitssystem und vor allem der Kassenbereich weiter finanziert werden sollen, stünde nicht im Programm, was Kamaleyan-Schmied scharf kritisierte.

Trotz positiver Ansätze wie der Förderung von Prävention und der Bekenntnis zur solidarischen Gesundheitsversorgung bleibt die Ärztekammer skeptisch, ob die geplanten Maßnahmen ohne konkrete Ausgestaltung und die Einbeziehung der Ärzt:innen erfolgreich umgesetzt werden können. Kamaleyan-Schmied sieht die Möglichkeit, einen neuen Kurs einzuschlagen, aber nur durch echte Reformen und Zusammenarbeit. Die ÖÄK-Funktionär:innen betonten mehrfach, mit ihrer Expertise an der Ausarbeitung der Details mitwirken zu wollen. (kagr)