Die jüngsten Überlegungen des Arbeitsministers über Kürzungen bei Teilzeitbeschäftigten demonstrieren ein völliges Unverständnis für das Gesundheitswesen und generell für arbeitende Frauen.
Seit Wochen trommeln neoliberale Berater, dass die Zunahme der Teilzeitquoten die eigentliche Ursache der Personalknappheit darstellt. Würden alle Vollzeit arbeiten, hätten wir keine Personalengpässe – so die einfache Rechnung. Die nicht zuletzt deshalb falsch ist, weil zunehmend Frauen arbeiten, die aber keine passenden Rahmenbedingungen finden. Es hält Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) nicht davon ab die Forderung zu übernehmen. Man müsse nur die Sozialleistungen an die Teilzeitquote anpassen – wer weniger arbeitet, bekommt weniger.
„Die meisten Menschen arbeiten nicht in Teilzeit, weil es ihnen so gefällt. Es gibt eine Menge Leute, bei denen auch nicht mehr geht, weil sie sich etwa um Kinder oder Angehörige kümmern oder die Arbeit so belastend ist“, ärgert sich Petra Preiss, Vorsitzende der Kurie anstellte Ärzte und Vizepräsidentin der Kärntner Ärztekammer. Die Forderung treffe vor allem Frauen und die würden sich „brüskiert“ fühlen. „Das sind Dinge, die dazu führen, dass sich Leute anders orientieren oder im ärztlichen Bereich ganz in die Niederlassung gehen, wo sie es sich einteilen können.“ Und damit etwa die Wahlarztquote weiter erhöhen.
Noch verärgerter reagiert die Vorsitzende des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes, Elisabeth Potzmann: „Das ist eine ziemliche Chuzpe. Ich bin sprachlos. Wir haben in Österreich eine Gesellschaftsstruktur, die Frauen nötigt in Teilzeit zu arbeiten. Viele machen das nicht freiwillig. Viele haben Obsorgepflichten und sie bezahlen die Teilzeitarbeit schon jetzt mit Altersarmut.“ Solche Forderungen würden die Abwanderung gerade aus Gesundheitsberufen weiter befeuern, denn rund 80 % der Beschäftigten im heimischen Gesundheitswesen sind Frauen – viele in Teilzeit. Potzmann: „Es braucht zuerst bessere Rahmenbedingungen – wie Betreuungseinrichtungen für Kinder. Da gibt es vorher viele Hausaufgaben für die Politik zu erledigen.“
Das zeigt auch die Studie zur Pflegepersonal-Bedarfsprognose für Österreich aus dem Sozialministerium: „Die Arbeit in der Pflege und Betreuung ist durch Teilzeitbeschäftigung gekennzeichnet“, heißt es dort. „Um 10 Vollzeitstellen zu besetzen, waren 2017 bei den mobilen Diensten rund 15 Personen notwendig, in der stationären Pflege waren es 13 Personen und im Krankenhaus 12 Personen.“ Aktuell sei die Situation aber anders, sagt Potzmann: „Wenn ich 40 Stunden beschäftigt bin, arbeite ich in der Pflege aktuell sowieso 60 Stunden. Wer jetzt Teilzeit macht, kommt eh auf Vollzeit.“
Noch deutlicher wird es im Apothekenbereich, wo die Teilzeitquote bei 80,9% der Beschäftigten liegt. „Was uns die vergangenen Jahrzehnte lehren ist, dass Teilzeitmodelle in den Apotheken ein bewährtes Modell sind, um den vielen Frauen in unserem Bereich einen guten Job und ein Familienleben zu ermöglichen. Wir haben auch ganz kleine Teilzeitmodelle, um Frauen durch eine Babypause nie zu verlieren. Sie starten bald mit einzelnen Stunden und bleiben so auch wissenstechnisch auf dem aktuellen Stand“, sagt die Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer, Ulrike Mursch-Edlmayr. „Die jetzt diskutierte Aussage des Arbeitsministers ist eine absolute Frauendiskriminierung“, ärgert sich der Vorsitzende des Angestelltenverbandes der Apotheken (VAAÖ), Raimund Podroschko. „Alle Frauen bei uns sind deshalb in Teilzeit, weil sie sich auch noch um Familie oder Angehörige kümmern. Mit so einer Aussage befeuere ich erst recht, dass Gesundheitsberufe unattraktiv werden.“ (rüm)