Gewinne für die bisherigen Wiener Koalitionspartner SPÖ und Grüne sowie für ÖVP und NEOS und massive Verluste für die FPÖ: für Ärztekammer, Apothekerkammer und Pharmabranche ist klar: jetzt gilt vor allem der gemeinsame Kampf gegen das Corona-Virus. RELATUS MED sprach mit den Spitzen des Wiener Gesundheitssystems.
Für die Wiener Ärztekammer ist klar: die künftige Wiener Stadtregierung muss – egal wie sie letztlich aussieht – mehr Geld für das Gesundheitswesen zur Verfügung stellen. „Ich wünsche mir von der künftigen Stadtregierung, dass das Wiener Gesundheitssystem entsprechend finanziell ausstattet ist, damit wir den Herausforderungen der nächsten Zeit gewachsen sind“, sagt Thomas Szekeres, Präsident der Ärztekammer für Wien), am Sonntagabend. Darunter fallen etwa die ausreichende Finanzierung der Spitalsversorgung in Wien, oder auch akut für diesen Winter die Schaffung von CoV-Testungscontainern, „damit wir während der Grippewelle die Ordinationen und Ambulanzen von Corona-Verdachtsfällen freihalten.“
Johannes Steinhart, Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, wünscht sich „die erfolgreich begonnenen Förderungsmodelle für die Gründung von Kassenordinationen im Bereich Allgemeinmedizin sowie Kinder- und Jugendheilkunde“ fortzuführen und auszubauen, „weil sie ein Schritt sind, dem Ärztemangel im niedergelassenen Bereich in Wien zu begegnen.“ Auch alle anderen Kooperationen mit der Stadt Wien, etwa im Bereich von Erstversorgungsambulanzen, wie der AMA im AKH, oder mit dem Ärztefunkdienst sollten unbedingt fortgeführt werden, sagt er. Wolfgang Weismüller, Obmann der Kurie angestellte Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, erwartet sich die „zügige Besetzung der noch offenen, versprochenen Ärzteposten in den Wiener Spitälern des Gesundheitsverbunds und damit einhergehend unbedingt auch eine generelle Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Spitalsärztinnen und Spitalsärzte.“
Philipp Saiko, Präsident der Apothekerkammer Wien, wünscht sich für die kommenden Wochen den Kampf gegen die Corona-Krise als zentrales Thema für die Gesundheitspolitik. Wichtig sei darüber hinaus die erfolgreiche Umsetzung der Wiener Gratis-Grippeimpfaktion. Hier gebe es noch das eine oder andere Detail, dem man mehr Aufmerksamkeit widmen sollte, damit die geplante Erhöhung der Durchimpfungsrate Wirklichkeit werde. „Es gibt einige Dinge, die auf der To-Do-Liste stehen und diese müssen wir vernünftig abarbeiten“, sagt Saiko. Mittelfristig würde er sich wünschen, dass auch die neue Wiener Stadtregierung die Apotheker bei ihren Bemühungen unterstützt, dass sie selber impfen dürfen. Das sei aber grundsätzlich ein Bundesthema. Pilotprojekte könnte er sich etwa bei der Medikationsanalyse vorstellen. Denn dadurch könnte die Stadt sich auch im Spitalsbereich Kosten sparen. „Wir wissen ja, dass bis zu 20 Prozent der Spitalsaufenthalte durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen ausgelöst werden.“ Insgesamt lobt Saiko freilich die bisherige gute Zusammenarbeit mit der Wiener Stadtregierung.
Die Stadt Wien sei, wie der Rest der Welt, seit Monaten von der Corona-Pandemie geprägt, sagt auch Alexander Herzog, Generalsekretär des Pharmaverbandes Pharmig: „Die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen sind schon nach einem halben Jahr der Krise enorm und sie werden im Laufe der nächsten Monate, wenn nicht sogar Jahre noch extremer. Daher muss sich die neue Stadtregierung vor allem darauf konzentrieren, sozial und wirtschaftlich verantwortungsvoll zu handeln.“ Das bedeute, Wege zu finden, wie der Wirtschafts- und auch stark der Forschungsstandort Wien an Bedeutung gewinnen können. Sein Vorschlag: „Etwa durch finanzielle Anreize für Forschungseinrichtungen und Unternehmen gleichermaßen. Es mag zwar abgedroschen klingen, aber wenn wir es schaffen, die Wirtschaft am Laufen zu halten, so wird das auch die Gesellschaft insgesamt positiv beeinflussen, nämlich dadurch, dass Menschen in der Beschäftigung gehalten werden und Sozialleistungen bei Arbeitsplatzverlust oder Firmenschließungen nicht zu einem Fallbeil werden. Wien soll die lebenswerte Stadt bleiben, als die sie schon öfter ausgezeichnet wurde“, sagt Herzog. (rüm)